Aus: Babyblaue Seiten 8/2004

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Mit „After Long Years“ liegt ein im Eigenvertrieb veröffentlichtes Album der Münchner Formation Lukas Tower Band vor, das überwiegend Kompositionen neueren Datums enthält. Die Band war bereits in den 80er Jahren aktiv und hat sich den britischen Folkrock auf die Fahne geschrieben. Insbesondere solch eine Legende wie Fairport Convention dient der Band als Inspiration zu eigenen Kompositionen. Das britisch-keltische Erbe paart sich mit dezenten Jazzanleihen, wobei aber stets ein entspannter Grundton vorherrscht. Bisweilen fühlt man sich an eine Mixtur aus typischem Folkrock und relaxtem „Barjazz“ erinnert. Das traditionelle Folkelement ist am ehesten in Form von anmutigem Flötenspiel vorhanden, das aber harmonisch in den entspannten Charakter des Songwritings eingegliedert ist. So gliedert sich die folkige Inspiration meist einem soften Grundton unter, der geschickt von anmutiger Saitenbearbeitung durchdrungen ist.
Der Opener „Indian Beard“ beginnt mit majestätisch anmutenden Gitarrenklängen, die zusammen mit dezenten Keyboardeinsätzen einen behutsamen Spannungsaufbau erzeugen. Kurzzeitig sorgt erfrischendes Flötenspiel für die folkige Komponente. Mit dem Einsetzen des klaren weiblichen Gesangs von Frontfrau Angela Maier nimmt der Song seinen getragenen Lauf und es stellt sich eine romantisch-verklärte Stimmung ein. Sorgsam eingeflochtene Saxophoneinsätze sorgen für eine leicht jazzige Tendenz. Die hohe Tonlage des Gesangs steht ganz in der Tradition der folkrockigen Vorbilder aus den 70er Jahren und kann insgesamt überzeugen.
Nachdem der Einstieg als gelungen bewertet werden kann, wird mit dem verträumten „Ravens“ die folkige Ausrichtung noch verstärkt und die Stimme von Sängerin Angela Maier kommt noch besser zur Geltung. Schwebendes Flötenspiel verleiht dem Ganzen eine Stimmung der entrückten Romantik, die durch behutsam eingeflochtenes Flötenspiel noch verstärkt wird.
Mit dem folgenden „Dreams To Sell (2)“ folgt aber eine Abkehr in entspannt-jazzige Gefilde, die im weiteren Verlauf um rockige Elemente erweitert werden. Der Gesang wird hier in typischer „Barjazz-Manier“ eingesetzt und tritt auf eine anmutige Art in den Vordergrund. Irgendwie wirkt diese stilistische Erweiterung hier aber nicht so recht überzeugend und der Sound wirkt ein wenig zu sehr auf relaxt getrimmt.
Diese stilistische Grundausrichtung wird im weiteren Verlauf weitgehend beibehalten, weshalb die folkigen Momente doch zu sehr in den Hintergrund gedrängt werden. Sporadisch sind aber ansatzweise progressive Einsprengsel zu verzeichnen, wobei es sich hier aber natürlich eher um anspruchsvollere Arrangements handelt. Somit tangiert „After Long Years“ kaum die Grenze zum eigentlichen Artrock.
Dennoch wartet insbesondere ein Titel wie „King Of Dyfed“ mit einer spröden Schönheit auf und wird von einem entkrampft-flockigen Light-Jazzsound dominiert, der sogar stellenweise fast eine gewisse Nähe zum Canterbury-Sound aufweist.
Insgesamt liegt hier trotz gewisser Längen ein angenehm zu hörendes Album vor, wobei aber die eingangs aufgetretenen Folkelemente in weiteren Verlauf doch zu sehr in den Hintergrund gedrängt werden. Den beteiligten Akteuren ist auf jeden Fall die langjährige Erfahrung anzumerken, was sich in gekonnten musikalischen Arrangements bemerkbar macht. Wer jetzt aber verschachtelten Jazzrock erwartet, ist hier völlig fehl am Platz. Die grobe Selbsteinschätzung der Band als „King Crimson meets Clannad meets Steely Dan“ ist sicherlich nicht total aus der Luft gegriffen, aber doch ein wenig übertrieben, was der Band aber auch nicht direkt vorgeworfen werden kann.

(Horst Straske)